September 18, 2024
Digitalisierung

INFORM Studie zeigt Herausforderungen und Chancen auf

Das Aachener Softwareunternehmen INFORM hat in einer aktuellen Studie untersucht, wo deutsche Medizintechnikunternehmen (MedTech) hinsichtlich der Digitalisierung stehen, welche Schmerzpunkte und Herausforderungen sie sehen und welche Unterstützung digitale Lösungen bieten können. Die Ergebnisse zeigen, dass die MedTech-Branche mit einem niedrigen Digitalisierungsgrad und komplexen regulatorischen Anforderungen kämpft, die die Effizienz der Lieferketten beeinträchtigen. Das Potenzial moderner Technologien wie künstlicher Intelligenz (KI), z. B. für präzise Absatzprognosen und optimiertes Bestandsmanagement, wird dabei noch nicht umfassend genutzt.

 

Dr. Marco Schmitz, Team New Business bei INFORM und Sprecher der Studie (Bildquelle:  INFORM)

Die Erkenntnisse der Studie basieren auf 20 Tiefeninterviews mit 14 produzierenden MedTech-Unternehmen sowie 6 branchennahen Unternehmen. Durch detaillierte Interviews und interaktive Workshops wurden zentrale Themenschwerpunkte identifiziert, die die aktuellen Herausforderungen der Branche verdeutlichen. Die Auswertung der Einzelinterviews zeigt, dass das Supply Chain Management (SCM) der MedTech-Branche bei der Digitalisierung ihrer Lieferketten im Vergleich zu anderen Branchen noch deutlichen Nachholbedarf hat. Ein wesentlicher Grund dafür sind die nach wie vor weit verbreiteten papierbasierten Prozesse, die zu Ineffizienzen und Informationslücken führen können. Zudem werden vorhandene Daten in der Entscheidungsunterstützung nicht ausreichend ausgeschöpft, wodurch wertvolles Potenzial ungenutzt bleibt. Aufgrund der Komplexität der Liefernetzwerke hatte die Prozesseffizienz lange keine hohe Priorität. Durch den steigenden Kostendruck und externe, meist politische Einflüsse, wächst jedoch das Bewusstsein für notwendige Optimierungen. Viele der befragten Unternehmen setzen deshalb derzeit Projekte um, um ihre Lieferketten zu optimieren und Kosten zu reduzieren – getrieben durch die Notwendigkeit resilienter Prozesse.

 

Patientenversorgung hat höchste Priorität  

Die Resilienz der Lieferketten ist aus Sicht der teilnehmenden MedTech-Unternehmen von zentraler Bedeutung. Im Vordergrund steht die Sicherstellung der Patientenversorgung, die häufig durch hohe Sicherheitsbestände gewährleistet wird. Diese dienen jedoch nicht nur der Absicherung gegen Lieferengpässe, sondern führen auch zu einer erheblichen Kapitalbindung und erhöhten Lagerkosten, so die Studie. Besonders die gängige Praxis der Konsignation, bei der Produkte direkt bei Ärzten und Krankenhäusern gelagert werden, verstärkt diesen Effekt.  

 

Hinzu kommen komplexe regulatorische Anforderungen, die globale Struktur, die hohe Produktvielfalt sowie strenge Qualitätsstandards, die die Abläufe in der Branche zusätzlich belasten. Insbesondere langwierige Zulassungsprozesse und hohe Markteintrittsbarrieren für neue Lieferanten tragen zur Komplexität bei. Um diese Herausforderungen zu bewältigen und die Effizienz zu steigern, ohne die Patientenversorgung zu gefährden, ist eine Optimierung des Bestandsmanagements und der Versorgungsprozesse entscheidend. Ein vielversprechender Ansatz könnte das kooperative Bestandsmanagement in Netzwerken sein. Dieser wird jedoch aufgrund mangelnder Transparenz über die Bestände innerhalb der Netzwerke bisher nicht vollumfänglich genutzt.

 

Ausbaufähige Nutzung digitaler Werkzeuge

Die Studie betont die Rolle von engen Partnerschaften und langfristiger Zusammenarbeit mit Lieferanten für den Aufbau resilienter Lieferketten. Diese engen Beziehungen führen den Erkenntnissen zufolge jedoch auch zu starken Abhängigkeiten, besonders durch unternehmensübergreifende Zertifizierungen und die hohe Spezialisierung in der Branche. Dennoch zeigt die Studie, dass trotz der hohen Kooperationsbereitschaft moderne Technologien wie KI und digitale Werkzeuge im Lieferantenmanagement bislang nur begrenzt eingesetzt werden. Dies spiegelt sich auch im Aufholbedarf präziser Forecasting- und Absatzplanungslösungen wider. Hier hebt die Studie hervor, dass genaue Prognosen für Absatz und Produktion entscheidend sind, um die Planung und Effizienz der Supply Chain zu verbessern. Die Unternehmen sind sich der Relevanz guter Absatzprognosen bewusst, das Potenzial dieser Technologien wird derzeit jedoch noch nicht ausreichend genutzt.

 

„Die Ergebnisse der Studie verdeutlichen, dass die MedTech-Branche zwar ein wachsendes Bewusstsein für die Notwendigkeit der Digitalisierung entwickelt hat, jedoch nach wie vor erhebliche Potenziale ungenutzt bleiben“, sagt Dr. Marco Schmitz aus dem Team New Business bei INFORM und Sprecher der Studie. „Investitionen in neue Technologien wie beispielsweise eine KI-gestützte Absatzplanung und ein optimiertes Bestandsmanagement sind nicht nur wesentliche Hebel zur Effizienzsteigerung, sondern auch entscheidend, um den steigenden regulatorischen Anforderungen, dem Kostendruck und natürlich der Sicherstellung der Patientenversorgung nachhaltig gerecht zu werden.“

 

Über die Studie

Das Aachener Softwareunternehmen INFORM hat eine umfassende Studie zu den Anforderungen an ein resilientes und nachhaltiges Supply Chain Management in der MedTech-Branche durchgeführt. Im Rahmen der Studie wurden zwischen Juli 2023 und Februar 2024 insgesamt 20 Tiefeninterviews mit jeweils 14 produzierenden MedTech-Unternehmen sowie 6 branchennahen Unternehmen durchgeführt. In den zweistündigen Interviews wurden 17 zentrale Themenschwerpunkte für die Digitalisierung der Supply Chain identifiziert. Anschließend erfolgte ein Deep Dive in ausgewählte Schwerpunkte durch digitale Workshops, die zwischen März und Mai 2024 durchgeführt wurden.

 

Quelle: INFORM Institut für Operations Research und Management GmbH