Juni 28, 2024
Messen und Veranstaltungen

Ein negativer Trend in einer leistungsstarken Branche

Die Messelandschaft für Medizintechnik in Deutschland ist weiter in Veränderung. Die unangefochtene Nummer 1 ist seit vielen Jahren die COMPAMED, jährlich zwei Hallen auf dem Messegelände in Düsseldorf während der MEDICA, eine der größten medizinischen B2B-Fachmessen weltweit, füllt. Das Veranstaltungs-Duo MEDICA/COMPAMED zieht alljährlich 83.000 internationale Besucher an. Die COMAPMED ist mit über 700 Ausstellern jedes Jahr ausgebucht und führt eine Warteliste. 


Deutschland ist einer der größten Medizintechnikstandorte weltweit. Der EU-Markt (150 Milliarden Euro Umsatz) ist nach Angaben des Bundesfachverband Medizinprodukteindustrie, kurz BVMed genannt, nach den USA der zweitgrößte Medizintechnik-Markt der Welt. Innerhalb der EU hat Deutschland mit Abstand den größten Anteil (55 Mrd. Euro). 

Die MedTech-Unternehmen beschäftigen in Deutschland über 265.000 Menschen.

93 Prozent der Medizintechnik-Unternehmen sind kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) mit unter 250 Beschäftigten, darunter viele Familienunternehmen. 

Platz genug also für eine weitere Fachmesse für Medizintechnik. Eine Veranstaltung, die gleichzeitig für die vielen kleineren Betriebe in Deutschland und im DACH-Raum zu realisieren ist, und die zahlreiche internationale Besucher, Entscheider und Ingenieure gleichermaßen, anzieht.

Viele Jahre (2001-2018) hatte die von UBM Canon durchgeführte Medtec Europe in Stuttgart diesen Platz eingenommen. Nach jahrelangem Gedeihen und einigen Veränderungen, ließ der Erfolg allerdings merklich nach. Die Aussteller- und Besucherzahlen sanken. Zudem bekam die Veranstaltung durch die im Jahr 2017 von der Messe Nürnberg gegründete MT-Connect eine ehrgeizige Konkurrenz.

Die MT-Connect entstand aus einer Foyerausstellung, die begleitend zu dem im Jahre 2008 gegründeten und erfolgreich etablierten Medtech Summit (später MedtecSummit), einem renommierten Kongress, auf dem Hersteller, Anwender und Forscher interdisziplinär zukünftige Entwicklungen der Branche diskutieren, stattfand.

Der Medtech Summit Kongress wird vom Bayerischen Staatsministerium für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie veranstaltet und von Bayern Innovativ durchgeführt. Das Netzwerk Forum MedTech Pharma fungiert als ideeller Träger.

Die bislang begleitende Ausstellung wurde zur Fachmesse MT-Connect aufgewertet.

Allerdings musste auch die Nürnberg Messe feststellen, dass es nicht so einfach war, eine hinreichend erfolgreiche Messe im Verdrängungswettbewerb gegen die Medtec Europe zu etablieren. Schon im zweiten Veranstaltungsjahr sanken die Ausstellerzahlen von knapp 200 auf 150 Aussteller. Eine Diskussion um die Vor- und Nachteile der beiden Standort Nürnberg und Stuttgart entfachte.

Nürnberg gelang hierbei ein Etappensieg. Die MT-Connect und die Medtec Europe gehen 2019 eine Kooperation ein. Die beiden Fachmessen fusionieren zur MedtecLIVE, welche zukünftig in Nürnberg stattfinden sollte. 

Nürnberg versus Stuttgart: Wettbewerb der Standorte geht weiter

Die Messe Stuttgart verlor damit eine Veranstaltung einer der wichtigsten Branchen Deutschlands. Stuttgarts Nähe zu sowohl Österreich, Schweiz und Frankreich, als auch Tuttlingen, dem sog Weltzentrum der Medizintechnik, und einem internationalen Flughafen, gelten für viele Akteure als Standortvorteile. 

Die Messe Stuttgart rief somit im Jahr 2019 die T4M – Technology for Medical Devices in’s Leben. Mit im Boot der Veranstaltung waren der VDMA und der Branchenverband der Schweizer Medizintechnik Swiss Medtech. Die Messe Stuttgart feierte ihre Premierenveranstaltung als Erfolg und betonte ihre Branchennähe.

Somit gab es für die Nürnberger MedtecLIVE wieder einen Wettbewerber in Süddeutschland, und für die Industrie weiterhin zwei Fachmessen, die versuchten, sich jenseits der Leitmesse COMPAMED zu behaupten.

Und auch eine noch engere Zusammenarbeit mit dem nun MedtecSummit genannten Kongress und dessen vollständige Integration in das Messegeschehen konnte die Besucherzahlen nicht zufriedenstellend erhöhen.

Nur drei Jahre und die coronabedingten Einschränkungen für Präsenzveranstaltungen vergingen, bis auch diese beiden Messen ihre Zusammenarbeit ankündigten. Die Messe Nürnberg kaufte die Stuttgarter Fachmesse. Die Veranstalter verkündeten, dem dringenden Wunsch der Branche nach einem singulären und zentralen europäischen Frühjahrs-Event in Süddeutschland, das die starken Medizintechnikregionen Stuttgart/Tuttlingen und Nürnberg/Erlangen gleichermaßen mit einbindet, nachkommen zu wollen. Ab dem Frühjahr 2022 sollte die MedtecLIVE with T4M im wechselnden Turnus in Nürnberg und Stuttgart stattfinden.

Zurück zum Ursprung

Doch bereits dieses Jahr wurde wieder eine Veränderung angekündigt. Auch dieser Zusammenschluss scheint nicht den gewünschten Erfolg gebracht zu haben.

Die MedtecLIVE zersteut sich wieder. 

Die Veranstaltung in Nürnberg geht zu ihrem Ursprung zurück und wird als MedtecLIVE Innovation Expo at MedtecSUMMIT für eine limitierte Anzahl von teilnehmenden Unternehmen wieder zur begleitenden Foyerausstellung des MedtecSummit Kongress.

In Stuttgart soll die MedtecLIVE weiterhin als eigenständige Fachmesse alle zwei Jahre stattfinden.

Zudem plant die Messe Nürnberg einen Gemeinschaftsstand, den MedtecLIVE Healthtech Pavilion, auf der automatica, Leitmesse für intelligente Automation und Robotik, die in München zeitgleich mit der LASER World of PHOTONICS stattfindet.

Die europäische Medizingeräteindustrie kann gespannt sein, was die Zukunft bringen wird.

 

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